Anruf beim Amt für Wissenschaftliches Arbeiten, äh Prüfungsamt: "Kann ich statt der Thesis nicht noch 4 Klausuren schreiben? Das wäre mir lieber...“ Antwort: „Das geht leider nicht. Laut Prüfungsordnung müssen Sie eine wissenschaftliche Arbeit schreiben…" Schade. Aber fragen kann man ja mal...

Vielleicht denkst Du: „Ich kann nicht schreiben!“ Vielleicht sagst Du es sogar (was nicht so gut ist, denn Vorhersagen erfüllen sich oft…) Die gute Nachricht ist: Das stimmt gar nicht! Die meisten Techniken des Wissenschaftlichen Arbeitens kennst Du, und zwar schon lange. Bitte gehe die folgende Liste durch. (Du kannst übrigens Deine Bachelorarbeit oder Masterarbeit wie eine Klausur schreiben, siehe Technik 2).

Technik 1: Planen und abhaken!

Lege Dein Ziel fest (Abgabetermin), lege Deine Aufgaben fest (wann, was, woher, wohin, wie), fange an und hake die erledigten Aufgaben ab. Schon bist Du fertig mit Deiner Bachelor oder Master Thesis. Bestimmt kennst Du Abhaken schon von anderen Projekten...

Technik 2: Fragen stellen und beantworten, wie in der Klausur.

Mach es wie in der Klausur und beantworte Fragen. Fange mit der Forschungsfrage oder Leitfrage an. Dann arbeite Dich vor, über Detailfragen und Mikrofragen.

Fragen haben viele Vorteile:

  • Fragen machen neugierig.
  • Sie aktivieren  das Denken.
  • Fragen motivieren, nach den Antworten zu suchen,
  • Mit Fragen ist das weiße Blatt nicht mehr weiß.
  • Fragen sind wie ein Pfad, dem Du folgen kannst.

Fange mit den W-Fragen an: wer, wann, wo, wie, was etc. Dann werde konkret, mit dem Fragewort „welche“ wie zum Beispiel:

  • Welche Merkmale weisen Schokoladenliebhaber oder Katzenkameras auf?
  • Welcher Zusammenhang besteht zwischen Schokoladenkonsum und Lernmotivation bei Studis?
  • Welche Muster lassen sich in den Daten erkennen?
  • Welche Faktoren beeinflussen die Studienwahl?

Fragen helfen Dir schon am Anfang der Arbeit, den Fokus zu finden, das Thema in den Griff zu bekommen. Lerne am besten, wie Du die richtigen Fragen stellst. Denn es gibt Regeln  für das Formulieren von Fragen für wissenschaftliches Arbeiten. Erinnere Dich mal an früher. Als Kinder haben wir alle 5 Minuten Fragen gestellt... Erst in der Schule haben wir damit aufgehört.

Technik 3: Quellen richtig auswerten.

Wissenschaftliches Arbeiten hat sehr viel mit Quellenarbeit zu tun. Angesichts der Abermillionen von Büchern und Zeitschriftenartikeln kann man sich ohne Technik und Planung in diesem Dschungel verlieren.

Bei der Quellenauswertung helfen Dir wiederum die Fragen, die Forschungsfrage oder Leitfrage der Arbeit. Sie richten Deinen Blick auf die Inhalte, die Du in den Quellen finden musst. Du brauchst Techniken, um effizient mit Quellen zu arbeiten... Für Deine Klausuren musstest Du das doch auch schon tun, die richtigen Quellen wie Mitschriften oder Skripte oder Unterlagen vom Tutor finden und für die Klausur auswerten... Mache das jetzt einfach wieder so.

Im Methoden-ABC findest Du viele nützliche Hinweise.

Technik 4: Wissenschaftliches Arbeiten heißt, Überflüssiges weglassen.

Weglassen ist im wissenschaftlichen Arbeiten sehr wichtig. Das spart Zeit und Energie und schont die Motivation. Der Fokus auf das Wichtige bringt zudem die richtigen Ergebnisse in der Arbeit.

Das Weglassen kennst Du sicher schon sehr gut vom Prüfungslernen. Da ging es doch ständig darum, nur das Wichtige für die nächste Klausur zu lernen, um Zeit zu sparen.

Technik 5: Lerne Iterationen zu nutzen für Dein wissenschaftliches Arbeiten.

Dies ist eine wenig bekannte Technik. Sie stammt aus der Softwareentwicklung. Der Grundgedanke ist, eine Software zu entwickeln und zu testen und den Code dann noch einmal von Anfang an durchzugehen und zu verbessern. Das kann man auch als Schleife bezeichnen.

Schleifen scheinen auf den ersten Blick eine Verschwendung von Zeit und Energie. Allerdings sind Aufgaben oft so komplex, dass uns gar nichts anderes übrig bleibt, als Schleifen zu drehen. Besser ist, diesen Ansatz der Iteration BEWUSST zu verfolgen. Rechne also von vornherein damit, dass Du Schleifen drehen musst. Diese Überarbeitung ist KEINE Doppelarbeit! Es ist lediglich das Verbessern von etwas, das man vorher nicht so gut hätte machen können. Es geht nur so.

Ein Beispiel ist das Erheben des Forschungsstands. Erst wenn Du die meisten Studien ausgewertet hast (Du musst nicht ALLE gelesen haben!!! Die Essenz musst Du rausziehen. Siehe Literature Review.), hast Du den Überblick und kannst einige der ersten Studien überhaupt erst richtig einordnen. Das konsequente Einbauen von Iterationen erspart Dir eine Menge Frustration und auch Fehler. Eine solide Grundlage für die weitere Arbeit kann eigentlich nur auf diese Weise entstehen. Mache einen Entwurf und arbeite daran weiter, bis er weitgehend passt.

Das ist auch eine Technik, die Du sehr gut kennst, unter dem Namen NACHBESSERN. Allerdings war das bisher immer nervig und nicht willkommen. Versuche das mal aus der anderen Perspektive zu sehen: als Idee - Entwurf - Test - Verbesserung und wieder von vorne. So wird das Ergebnis exzellent.

Technik 6: Wende die passenden Methoden für wissenschaftliches Arbeiten an.

Wissenschaftliches Arbeiten funktioniert mit speziellen Methoden. Darunter verstehen wir Instrumente und Hilfsmittel, mit denen sich bestimmte Probleme lösen lassen. Dazu gehören zum Beispiel statistische Methoden, Erhebungsmethoden, Auswertungsmethoden, Denkmethoden, Messmethoden, Berechnungsmethoden etc.

Die richtigen Methoden führen zum Ziel. Falsche Methoden machen viel Arbeit und führen nicht zum Ziel. Die Herausforderung ist nun, aus den vielen möglichen Methoden die passenden auszuwählen. Das setzt Erfahrung voraus, aber auch die Bereitschaft, sich vorher mit Methoden zu beschäftigen. Denn in der Regel sind wir so gepolt, dass wir lieber ausprobieren als die Bedienungsanleitung zu lesen. Beim wissenschaftlichen Arbeiten kann die vorherige Beschäftigung mit den Methoden und deren Möglichkeiten viel Frust sparen. Also, schau Dir vorher an, wie Du die passenden Methoden findest und anwendest. Im Thesis Guide findest Du viele Methoden ausführlich beschrieben.

Diese Technik kennst Du natürlich auch schon aus dem täglichen Leben. Da kommt es immer auf die richtigen Werkzeuge an, wenn man eine bestimmte Aufgabe erfüllen muss.

Tipp: Eine neue Technik, um schnell guten wissenschaftlichen Text zu schreiben, findest Du im Buch "Schreib-ABC – Fünf Seiten pro Tag". Hier ist ein Probeauszug.

Technik 7: Prüfen und Bewerten ist wissenschaftliches Arbeiten.

Beim wissenschaftlichen Arbeiten gibt es ziemlich viel zu prüfen und zu bewerten. Quellen sind zu prüfen, Daten sind zu prüfen, Methoden, bisherige Erkenntnisse, Modelle und vieles mehr.

Im Alltag hast Du auch vieles zu prüfen. Das gelingt in der Regel ganz gut. Aber auch da passieren hin und wieder Fehler. Für das Prüfen und Bewerten bei der Thesis brauchen wir die richtigen Bewertungskriterien. Aber das lässt sich lernen.

Technik 8: Trainiere Systematisieren für wissenschaftliches Arbeiten.

Die Wissenschaft untersucht Systeme. Diese Systeme existieren unabhängig von uns, unabhängig davon, ob wir sie verstehen oder nicht. Das meiste verstehen wir sowieso (noch) nicht.

Systematisieren bedeutet, die gesammelten Informationen in den richtigen Zusammenhang zu stellen. Das Ziel ist ein Überblick. Zu dieser Methode gehören Sortieren, Strukturieren, Zuordnen, Eliminieren, Gruppieren usw.

Das Systematisieren kennst Du auch schon ganz gut aus anderen Bereichen wie Lernen für Klausuren oder auch beim Einkaufen und Kochen...

Technik 9: Lerne, richtig gut zu analysieren.

Analysen spielen im wissenschaftlichen Arbeiten eine zentrale Rolle. Bei einer Analyse geht es um die gedankliche oder tatsächliche Zerlegung eines Untersuchungsobjekts in seine einzelnen Bestandteile. Diese werden dann sorgfältig betrachtet. Auch deren Beziehungen untereinander werden untersucht. Im Ergebnis eine Analyse erhält man einen genauen Überblick über das Untersuchungsobjekt.

Auch Analysen hast Du schon tausendmal im Alltag gemacht. Allerdings müssen diese im wissenschaftlichsten Arbeiten viel sorgfältiger und nach bestimmten Regeln erfolgen und sie müssen dokumentiert werden. Beschäftige Dich mit dem Vorgehen beim Analysieren.

Tipp: Ermittle zu Beginn den Analyse-Fokus der Arbeit. Das sind die Begriffe und dazu der relevante Aspekt der Analyse, der Blickwinkel. Der Leitfaden Analyse-ABC – Forschen mit Fokus hilft dabei. Hier ist ein Probeauszug.

Technik 10: Ziele setzen und planen gehört zum wissenschaftlichen Arbeiten.

Ein Ziel ist ein bestimmter angestrebter Zustand. Je klarer dieser Zustand definiert ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten und umso weniger Aufwand ist nötig, diesen Zustand zu erreichen. Typische Ziele im wissenschaftlichen Arbeiten sind zum Beispiel: Überblicke über geeignete Methoden oder über Erkenntnisse oder auch ein Modell.

Letzten Endes ist das Ziel des wissenschaftlichen Arbeitens die Gewinnung neuer Erkenntnisse. Dazu ist ein Plan nötig. Planen heißt, Schritte festlegen, die zum Ziel führen.

Offensichtlich ist Deine praktische Erfahrung mit Ziele setzen und Planen von Vorteil. Das Planen darf man aber nicht übertreiben. Sonst ist man mehr mit Planen als mit der Erledigung von Aufgaben beschäftigt. Schau dir auch die Techniken gegen Aufschieberei an. Die helfen!

Technik 11: Muster zu erkennen ist wissenschaftliches Arbeiten.

Muster bezeichnen bestimmte auffällige Zusammenhänge. Das ist ein wichtiger Aspekt der Wissenschaft, nach Auffälligkeiten zu suchen. Muster lassen sich zum Beispiel im Verhalten erkennen oder in bestimmten Daten oder Organisationen. Muster lassen sich erkennen, wenn man die Perspektive wechselt. Eine andere Anordnung kann Muster sichtbar machen. In diesem Prozess scheint vieles vom Zufall abzuhängen. Allerdings lässt sich der Zufall auch herbeiführen, indem man sich ans Werk macht...

Auch diese Art von Aufgabe hast Du schon viele viele Male erledigt. Das Auswerten alter Klausuren war so eine Aufgabe. Glaube also nicht, dass das eine neue Technik ist.

Technik 12: Lerne, Modelle zu bauen.

Modelle sind ein zentrales Instrumentarium im wissenschaftlichen Arbeiten. Modelle sind Abbildungen von bestimmten Gegebenheiten. Typisch für Modelle ist die Reduzierung auf das Wesentliche. Modelle können grafisch, textlich oder auch formell sein. Auch eine Tabelle kann ein Modell sein. Modelle machen das Arbeiten leichter. Sie zeigen Zusammenhänge und lassen auch die Lücken erkennen. Außerdem gelingt damit die Einordnung der eigenen Arbeit in die bisherige Forschung.

Beim Lernen für Klausuren hast Du Dir immer wieder Notizen gemacht und bestimmt auch Skizzen wir Mindmaps oder Flussdiagramme oder ähnliches. Das ist ebenfalls Modell bauen.

Technik 13: Sorgfältiges Dokumentieren ist wissenschaftliches Arbeiten.

Beim wissenschaftlichen Arbeiten kommt es darauf an, dass der eigene Weg zu Erkenntnissen lückenlos nachzuvollziehen ist. Dazu ist eine sorgfältige Dokumentation notwendig. Jeder einzelne Schritt ist zu beschreiben, mit den verwendeten Methoden und Instrumenten und Modellen etc. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann ein anderer den eigenen Erkenntnisweg nachvollziehen und dann die Erkenntnisse bestätigen.

Da Wissenschaft objektiv zu sein hat, kann es also nicht sein, dass jemand einfach so auf ein bestimmtes Ergebnis gekommen ist. Das heißt nicht, dass man nicht auch mit Intuition vorankommen kann. In diesem Falle ist es jedoch notwendig, die Erkenntnisse zu begründen. Sie müssen trotz allem mit dem bisherigen Wissen verbunden werden.

Wann immer Du eine Entscheidung begründen musstest, war diese Technik im Spiel. Also vermutlich sehr häufig...

Technik 14: Schreiben und beschreiben ist wissenschaftliches Arbeiten.

Wissenschaftliches Arbeiten verlangt das Verfassen von Texten in Form einer Bachelorarbeit, Masterarbeit, Dissertation oder eines Artikel oder Papers für eine wissenschaftliche Zeitschrift. Neben der Gewinnung der Erkenntnisse muss man also auch dazu in der Lage sein, die eigenen Erkenntnisse klar und nachvollziehbar darzustellen. Dazu gehört vor allem zu beschreiben, was Du vorgefunden hast und wie Du vorgegangen bist.

Dieses Beschreiben war schon in den ersten Jahren der Schulzeit Teil des Unterrichts. ABER: wir sind besser im Sprechen als im Schreiben. Daher wirst Du an dieser Technik des Beschreibens ein wenig feilen müssen. Dafür gibt es Techniken wie zum Beispiel Mikrofragen.

PS: Der Thesis-Guide von Aristolo kann dir beim Schreiben deiner Arbeit helfen.

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